MCS SH

1. Entstehungsgeschichte

Die Mobile Communication and Services Schleswig-Holstein GmbH (MCS SH) wurde 2004 gegründet. Ihr Vorläufer war die Mobizz-Solution GmbH, über die das Projekt HLX Flugbuchungssystem für mobile Endgeräte lief. Mit der Ticcon AG hatten wir seit 1999 mobile Anwendungen umgesetzt, z.B. ein digitales Schachspiel durch Tjark Onnen.

Logo MCS SH
Logo MCS SH

Der US-amerikanische, börsennotierte Konzern Motorola hatte sich aufgrund eines glücklichen Zufalls den Standort Flensburg 1991 für eines seiner Werke in Europa ausgesucht. So wie die anderen Standorte in Italien und Schottland war allerdings auch der Standort in Flensburg einer ständigen Willkür der Amerikaner ausgesetzt und permanent von Massenentlassungen und der Schließung bedroht. Mit zahlreichen und hohen Subventionsangeboten in Höhe von insgesamt 26,9 Millionen Euro der schleswig-holsteinischen Landesregierung sollte der Konzern immer wieder dazu bewogen werden, den Standort Flensburg bestehen zu lassen. In seiner Spitzenzeit arbeiteten mehr als 3.000 Menschen für dieses Unternehmen.

Motorola Timeport, 1999
Motorola Timeport, 1999

 

In 1998 sind die ersten „Handys“ mit Internetverbindung in Aussicht. Das Ticcon-Team hatte schon zu Zeiten des Schleswig-Holstein Forums Kontakt zu Motorola, die nun verstärkt ein Interesse hatten, Internetinhalte auf die kleinen mobilen Displays zu bekommen. Das Timeport (s. Bild oben) von 1999 mit seinem noch grünen Display konnte aber schon rudimentär mobile Daten empfangen. Das mobile Internet konnte starten. Und Ticcon programmierte die ersten Anwendungen. Im Jahre 2000 lasen noch viele Menschen die Tageszeitung. Carlo Jolly vom Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag (sh:z) hatte mich mit meinen Visionen, die sich rund um die UMTS-Lizenzversteigerungen entwickelten, interviewt (s. Artikel). Das wurde auch bei Motorola wahrgenommen.

Jens Junge - Mobile Geschäftswelt
Zeitungsartikel über Jens Junge und die kommende mobile Geschäftswelt, 2000

Am 1. Oktober 1998 erhielt Motorola für die Erweitung des Werkes von der Landesregierung 200 Mio. Euro. Die bis dahin 2.400 Mitarbeitenden sollen um 800 weitere Personalstellen erhöht werden (17.08.1999). Das Thema UMTS (3G) für den mobilen Datenverkehr ist vorzubreiten. Aber schon am 06.12.2000 muss Motorola wegen des geringen Absatzes die Produktion drosseln und von den 3.000 Menschen wieder 400 entlassen.

Die ersten handfesten Spekulationen um eine komplette Werksschließung entstehen am 24.04.2001. Ticcon hatte von Motorola Europa den Auftrag, ein Intranet-System aufzusetzen. So bekamen wir hautnah mit, wie zwischen den drei europäischen Standorten ein bitterer Existenzkampf geführt wurde. Flensburg konnte sich bei der Darstellung der Kostensituationen durchsetzten und so erblickten im September 2002 die ersten UMTS-Handys das Licht der Welt in Flensburg. Als erste „Killerapplikation“ wurde die Videotelefonie empfunden, was z.B. das Motorola A835 technisch leisten konnte. Aber es gab noch keine Flatrates bei den Telefongesellschaften, was ein Gespräch zu einem unerträglich teuren Unterfangen machen konnte.

Motorola UMTS A835
Motorola UMTS A835

Am 16. September 2003 verkündete der Konzern, einen Teil der Produktion nach China zu verlegen, 600 Mitarbeitende zu entlassen, aber das innovative, internetbasierte UMTS-Thema sollte mit 1.200 Menschen in Flensburg bleiben. Und hier beginnt nun die konkrete Gründungsgeschichte der MCS SH GmbH.

Dr. Bernd Rohwer war inszwischen in Schleswig-Hostein Wirtschaftsminister geworden. Seine Mitarbeitin, Dr. Ute Hansen, kannte ich über meine Verbandsaktivitäten und die eGovernment-Initiative. Die Grundidee war, danach zu suchen, wie man die Produktion der modernen Motorola-Handys in Flensburg belassen kann. Es sollte wegen der Unberechenbarkeit des Konzerns nicht wieder direkt Geld an das Unternehmen fließen. Also entwickelten wir ein Konzept, das sich auf die gemeinsame Entwicklung von mobilen Applikationen für den Zukunftsmarkt konzentriete und nicht direkt etwas mit der Hardwareproduktion zu tun hatte. Es sollte ein Kompetenzzentrum für mobile Kommunikation entstehen.

2. Kompetenzzentrum für mobile Kommunikation

Ticcon konnte mit seinem ersten Projekt, dem Flugbuchungssystem für eine Tochtergesellschaft des Reisekonzerns TUI, der HLX Express, zusammen mit dem Aufsichtsratsmitglied Gerd Pontius die Mobizz-Solution gründen. Aber wir brauchten für ein Kompetenzzentrum mehr Player und vor allem öffentliche Partner, weil die Landesregierung die beabsichtigten 3,8 Mio. Euro nicht einem Einzelunternehmen wie der Ticcon AG oder die Mobizz GmbH als Fördersumme übertragen konnte. Also machte ich mich auf die Suche nach passenden Partnern. Wann hat man schon für eine neue Firma ein so gutes Startgeld? Außerdem kündigte sich 2003 das erste „normale“ UMTS-Handy (3G) in MDA- und PDA-Qualität an, das A920. Es war unser Ziel, mit Motorola zusammen ersten mobile Anwendungen auf der CeBIT 2004 in Hannover im Frühjahr gemeinsam am Stand zu präsentieren. Da gab es noch keine MCS SH GmbH. Der Gründungsprozess dauerte länger.

 

Motorola A920
Motorola A920

Das Motorola-Smartphone A920 (s. Bild) von 2004 hatte ein Farbdisplay, auf dem man mit einem kleinen Stift die Bedienelemente auf der Website betätigen musste, so wie bei allen damals üblichen PDAs (Personal Digital Assistants). Direkt mit dem Finger den Touchscreen ohne separaten und ständig zu verlierenden Stift zu bedienen, kam erst 2007 mit dem iPhone von Apple als Innovation auf den Markt.

Wir hatten zur CeBIT 2004 zwei Anwendungen fertig: Als erstes das Flugbuchungssystem von HLX (s. auch Geschichte von Ticcon). Dies war dann die erste mobile eCommerce-Anwendung weltweit. Man konnte sein Flugticket direkt am Smartphone buchen. Eine besondere Herausforderung bestand 2004 darin, die Beförderungebedingungen, denen bei einer Flugbuchung zuzustimmen ist, nicht über mehr als 10 Seiten im kleinen Display anzeigen zu lassen…

Als zweites haben wir für den staatlichen Glücksspielanbieter NordwestLotto Schleswig-Holstein eine mobile Lösung erstellt, die auf den verschiedenen Plattformen stabil lief und auch ohne das Motorola A920 mit Flash-Fähigkeit gut auf noch kleineren Geräten funktionierte per SMS oder Java (s. Screenshot).

Lotto mobil und online 2004
Mobiles Angbot für das staatliche Glücksspiel: Für Nordwestlotto Schleswig-Holstein und Motorola realisierte Ticcon erste mobile Anwendungen (hier Stand 2004)

Neben dem reinen Lotto-Spiel haben wir auch KENO für mobile Geräte umgesetzt.

 

Am 26. April 2007 verlagerte Motorola auch seine UMTS-Handy-Produktion von Flensburg nach Asien.

 

3. Gründung und Betrieb der MCS SH GmbH

 

Gründungsgesellschafter aus dem öffentlichen Bereich:

Stadtwerke Flensburg, Stadt Flensburg, Flensburger Sparkasse, Kreis Schlewsig-Flensburg, WiREG, IHK Flensburg und Handwerkskammer Flensburg.

Flensburger Unternehmen als Gründungsgesellschafter:

Ticcon AG, Versatel Norddeutschland GmbH, fjord-e-design GmbH, 2wcom GmbH, Hapon-Beteiligungsgesellschaft, MR.NET Services GmbH & Co. KG.

 

3.1. Die Aufgaben und Leistungen der MCS SH GmbH

Aus dem Schulterschluß zwischen öffentlichen Trägern, Wissenschaft und privat-wirtschaftlichen Unternehmen entsteht mit der MCS SH GmbH eine leistungsfähige Plattform zur Stärkung der regionalen Unternehmen, Gewinnung von überregionalen / internationalen Aufträgen und Kunden.

  • Beratungs- und Entwicklungsleistungen
  • Bereitstellung von Infrastrukturen, Technologien und Know-How
  • Finanzierungsunterstützung von Gemeinschaftsprojekten
  • Abarbeitung von Großaufträgen
  • Lizenz- und Patentverwertung
  • Auf- und Ausbau eines internationalen Netzwerkes zwischen regionalen Unternehmen und Global Playern
  • Entwicklung und Vermarktung von Technologien aus den Bereichen Software, UMTS und Applikationen (z.B. Reisebuchungen und Lottoscheinabgabe via Handy)

Ebenso wird die MCS SH GmbH ein Kooperations- und Projektmanagement aufbauen und Marketingaufgaben wie z.B. Marktforschung oder Vertriebs-unterstützung übernehmen. Die MCS SH GmbH plant ferner, eigene Technologien zu entwickeln und als Lizenzgeber
zu vermarkten.

Ziele und Perspektiven

Wirtschaftminister Dr. Bernd Rohwer über MCS SH GmbH :
„Ziel ist, die bereits vorhandenen innovativen Kompetenzen für die Region auszubauen und möglichst international zu vermarkten.“

Das bedeutet: Kommunikation und Netzwerke unterstützen, erweitern, professionalisieren, damit regionale Kleinst- und Kleinunternehmen sowie der Mittelstand an größeren Projekten arbeiten können. Erweiterung des hiesigen Marktes in überregionale und internationale Marktpräsenz. Kleine und mittelständische Unternehmen profitieren von Global Playern.

Die Hintergründe

(aus: WiReg Report Nr. 24/2004)
Nach dem Motto: „Die Stärken stärken“ setzen die Europäische Union und die Landesregierung zukünftig auf sogenannte Entwicklungs-Cluster. (Unter einem Cluster versteht man die räumliche Konzentration und intensive inhaltliche Verflechtung von Unternehmen und anderen Einrichtungen einer Wertschöpfungskette.) Für die Region Flensburg-Schleswig werden auf Grund der vorhandenen Kompetenzen sehr gute Entwicklungschancen im Cluster „luK-Technologie/Medien“ gesehen.

Weit über 40 regional ansässige Unternehmen und die Fachhochschule Flensburg haben sich hier eine beachtliche Kompetenz erworben. Ein „Kompetenzzentrum Mobile Kommunikation“ soll diese Unternehmen in ihren Aktivitäten stärken und für ganz Schleswig-Holstein dieses Cluster ausbauen.

Die Gründung

Am 23. September 2004 wird auf Grundlage der Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie die Mobile Communication and Service Schleswig-Holstein GmbH (MCS SH GmbH) gegründet.
Zusammen mit der Fachhochschule Flensburg bildet sie das „Kompetenzzentrum Mobile Kommunikation“ in Schleswig-Holstein.

Am 24. Nov. 2004 übergibt WiMi Dr. Bernd Rohwer in Flensburg den Zuwendungsbescheid an die neu gegründete MCS SH GmbH. Diese Förderungsmaßnahme wurd vom Land Schleswig-Holstein für die nächsten 3 Jahre mit 3,8 Mio Euro aus dem Regionalprogramm 2000 unterstützt.

 

3.x. MCS-SH-Projekte

Link zur Pressemitteilung „Erstes Erotik-Shopping-Angebot für iPhone von MCS SH und ORION“ bei DiWiSH: HIER.